Internet & Psyche

Auf der Suche nach „DER“ Antwort für „DAS“ Problem.

Verbringst du viel Zeit mit der Suche im Internet nach „DER“ Antwort, damit „DAS“ Problem endlich aufhört?

Die Suche nach Antworten im Internet hat uns unbestreitbar schneller und effizienter gemacht. Doch gleichzeitig wächst der Druck, in immer kürzerer Zeit zu immer mehr Ergebnissen zu kommen. In meiner Wahrnehmung nimmt jedoch auch die Tendenz zu, Dinge unreflektiert zu übernehmen, was besonders problematisch ist, wenn es um die objektive Realität und die Wahrheit geht. Nicht alles, was wir online finden, entspricht der Realität oder ist tatsächlich verlässlich.

Es ist immer sinnvoll, die Meinung von Fachleuten nicht unreflektiert zu übernehmen, und verständlich, dass man auch nach Alternativen sucht. Doch ein besonders kritisches Thema ist für mich die Selbstdiagnose von körperlichen und seelischen Beschwerden. Die Recherche im Internet kann uns nicht nur wertvolle Zeit kosten, sondern auch bis zur Verzweiflung führen. Je mehr wir uns mit unseren Symptomen auseinandersetzen, desto mehr finden wir, das uns ängstigt. Wer lange genug in sich hineinhorcht und recherchiert, kann fast überall Hinweise auf eine Erkrankung entdecken. Die zunehmende Angst vor ernsthaften Krankheiten, die durch diese Selbstdiagnosen geschürt wird, ist mittlerweile ein häufiges Thema in meiner Praxis.

Ein weiteres Phänomen sind die immer wieder aufkommenden Modeerscheinungen bei psychischen Eigendiagnosen. Mal ist es Burnout, dann ADHS, und ein anderes Mal die Autismus-Spektrum-Störung. Natürlich ist es wichtig, diese Diagnosen im Rahmen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu stellen, aber sie sollten von Fachleuten vorgenommen werden. Leider suchen viele weiter und weiter im Internet und finden dabei immer neue mögliche Diagnosen, was sie in einen Teufelskreis treiben kann.

Viele Menschen suchen nach einer Diagnose, weil sie das Bedürfnis haben, ihre eigenen Gefühle oder Symptome zu verstehen. Eine Diagnose kann Erleichterung verschaffen und das Gefühl geben, nicht allein mit den eigenen Problemen zu sein. Sie vermittelt oft ein Stück Kontrolle. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass eine Diagnose nur ein Teil des Prozesses ist und niemals die alleinige Grundlage für eine Behandlung oder den Umgang mit den eigenen Schwierigkeiten sein sollte.

Fazit

Es ist entscheidend, kritisch zu bleiben und zu reflektieren, was wir online finden, anstatt uns in einer Flut von Informationen zu verlieren. Natürlich ist es immer sinnvoll, auch andere Themen in Betracht zu ziehen, besonders wenn wir das Gefühl haben, dass uns nicht geholfen wurde. Aber auch hier ist es ratsam, eine zweite Meinung von Fachleuten einzuholen und sich nicht ausschließlich auf die virtuelle Welt zu verlassen. Immer wieder begegnen mir Menschen, die mit selbstgestellten Diagnosen aus dem Internet in meine Praxis kommen.

Die virtuelle Welt kann eine Orientierung bieten, aber echte Klarheit und Unterstützung entstehen meist erst durch den professionellen Austausch mit Fachleuten.

Hinweis:

Wie ich bereits auf meiner Blog-Seite zu diesem Thema beschrieben habe, möchte ich hier die Schattenseiten einer Welt beleuchten, die zweifellos auch viele positive Aspekte mit sich bringt.