Therapie funktioniert nicht per Knopfdruck
Viele starten mit der Hoffnung: „Der Therapeut hilft mir – und dann geht’s mir bald besser.“ Eine Erwartung, die ich oft schon im Erstgespräch vorsichtig zurechtrücke. Klar, ich bin da, höre zu, stelle Fragen, gebe Impulse und Werkzeuge an die Hand, die den Veränderungsprozess erleichtern sollen. Aber die eigentliche Veränderung passiert nicht nur in der Sitzung, sondern auch dazwischen – im echten Leben. Es geht darum, das Gelernte im Alltag umzusetzen und zu leben.
Es gibt zwar Methoden wie beispielsweise EMDR, die schnell spürbare Effekte bringen können – in meiner Arbeit sind sie aber nie das einzige Therapieelement. Denn egal, wie wirkungsvoll eine Methode ist: Du musst selbst aktiv mitarbeiten, wenn du tiefsitzende Muster und Glaubenssätze wirklich verändern willst. Ohne deinen Einsatz wird’s schwierig.
Ich sehe oft, dass Menschen in den Sitzungen viel mitnehmen – aber das, was wir besprechen, wird im Alltag nicht umgesetzt. Übungen geraten in Vergessenheit. Natürlich muss jede*r für sich herausfinden, welche Ansätze und Werkzeuge passen. Aber leider landen auch hilfreiche Strategien manchmal ungenutzt in der Schublade. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem klar wird: „Aha, ich selbst bin gefragt.“
Ich begleite, unterstütze und leite an – aber den Weg musst du selbst gehen. Und je nachdem, wie groß das Thema ist, wie offen du bist und wie viel Raum du dir für die Veränderung gibst, kann das mal schneller, mal langsamer gehen.
Nach der Therapie ist vor der Arbeit
Ein weiterer Punkt zeigt sich oft nach dem offiziellen Therapieende. Viele Menschen fühlen sich dann stabiler, kraftvoller – und gehen wieder in ihren normalen Alltag über. Das ist grundsätzlich schön, aber hier beginnt auch eine neue Herausforderung.
Denn wenn es einem besser geht, meldet sich gern der innere Schweinehund: „Läuft doch wieder – wozu noch die Übungen?“ Und genau dann werden Achtsamkeit und neue Gewohnheiten vernachlässigt. Die alten Muster schleichen sich – oft ganz leise – zurück.
Gerade in der Zeit nach der Therapie ist es besonders wichtig, dranzubleiben. Unsere alten Denk- und Verhaltensweisen sind meist tief eingeprägt. Sie verändern sich nicht dauerhaft, nur weil es mal ein paar Wochen gut lief. Damit das Neue wirklich Stabilität gewinnt, braucht es Wiederholung, Geduld und bewusste Anwendung im Alltag.
Und selbst wenn Jahre später in einer stressigen Phase wieder alte Muster auftauchen – das ist nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist dann: Ich weiß, was mir hilft. Ich kann darauf zurückgreifen. Aber dafür muss das Gelernte auch im Alltag präsent bleiben.