"Therapiefrust"

Wenn Therapie nicht so wirkt, wie man hofft – und woran das liegen kann.

Therapiefrust und Fallstricke der Therapie

In meiner Arbeit erlebe ich es immer wieder: Manche Menschen machen in der Therapie tolle Fortschritte, bei anderen bleibt der große Durchbruch aus – oder es geht nach einer Weile rückwärts oder stagniert. Woran kann das liegen?

Die Gründe dafür sind natürlich ganz unterschiedlich – es gibt viele Faktoren, die eine Rolle spielen können. Jede Therapie ist individuell, und nicht alles passt zu jedem. Was ich hier teile, sind meine persönlichen Beobachtungen aus der Praxis – vor allem in Verbindung mit den Methoden, mit denen ich arbeite. Sie zeigen, woran es manchmal eben hakt – zumindest aus meiner Erfahrung heraus.

Therapie funktioniert nicht per Knopfdruck

Viele starten mit der Hoffnung: „Der Therapeut hilft mir – und dann geht’s mir bald besser.“ Eine Erwartung, die ich oft schon im Erstgespräch vorsichtig zurechtrücke. Klar, ich bin da, höre zu, stelle Fragen, gebe Impulse und Werkzeuge an die Hand, die den Veränderungsprozess erleichtern sollen. Aber die eigentliche Veränderung passiert nicht nur in der Sitzung, sondern auch dazwischen – im echten Leben. Es geht darum, das Gelernte im Alltag umzusetzen und zu leben.

Es gibt zwar Methoden wie beispielsweise EMDR, die schnell spürbare Effekte bringen können – in meiner Arbeit sind sie aber nie das einzige Therapieelement. Denn egal, wie wirkungsvoll eine Methode ist: Du musst selbst aktiv mitarbeiten, wenn du tiefsitzende Muster und Glaubenssätze wirklich verändern willst. Ohne deinen Einsatz wird’s schwierig.

Ich sehe oft, dass Menschen in den Sitzungen viel mitnehmen – aber das, was wir besprechen, wird im Alltag nicht umgesetzt. Übungen geraten in Vergessenheit. Natürlich muss jede*r für sich herausfinden, welche Ansätze und Werkzeuge passen. Aber leider landen auch hilfreiche Strategien manchmal ungenutzt in der Schublade. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem klar wird: „Aha, ich selbst bin gefragt.“

Ich begleite, unterstütze und leite an – aber den Weg musst du selbst gehen. Und je nachdem, wie groß das Thema ist, wie offen du bist und wie viel Raum du dir für die Veränderung gibst, kann das mal schneller, mal langsamer gehen.

Nach der Therapie ist vor der Arbeit

Ein weiterer Punkt zeigt sich oft nach dem offiziellen Therapieende. Viele Menschen fühlen sich dann stabiler, kraftvoller – und gehen wieder in ihren normalen Alltag über. Das ist grundsätzlich schön, aber hier beginnt auch eine neue Herausforderung.

Denn wenn es einem besser geht, meldet sich gern der innere Schweinehund: „Läuft doch wieder – wozu noch die Übungen?“ Und genau dann werden Achtsamkeit und neue Gewohnheiten vernachlässigt. Die alten Muster schleichen sich – oft ganz leise – zurück.

Gerade in der Zeit nach der Therapie ist es besonders wichtig, dranzubleiben. Unsere alten Denk- und Verhaltensweisen sind meist tief eingeprägt. Sie verändern sich nicht dauerhaft, nur weil es mal ein paar Wochen gut lief. Damit das Neue wirklich Stabilität gewinnt, braucht es Wiederholung, Geduld und bewusste Anwendung im Alltag.

Und selbst wenn Jahre später in einer stressigen Phase wieder alte Muster auftauchen – das ist nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist dann: Ich weiß, was mir hilft. Ich kann darauf zurückgreifen. Aber dafür muss das Gelernte auch im Alltag präsent bleiben.

Fazit: Therapie endet nicht mit der letzten Sitzung

Therapie kann viel in Bewegung bringen – aber sie ist kein Selbstläufer. Wer das, was er oder sie gelernt hat, im Alltag weiterlebt, legt eine wichtige Grundlage für langfristige Stabilität und innere Stärke.

Also, wenn du gerade in Therapie bist oder sie schon abgeschlossen hast:

Was tust du heute dafür, dass es dir auch morgen noch gut geht?

Dranzubleiben lohnt sich. Kleine Schritte reichen oft – Hauptsache, du bleibst dran.